Lieder himmlischen Ursprungs

Königs Salomo schrieb sein Hohelied in den Schriften der Bibel vor nahezu 3000 Jahren. Es wird als das schönste Lied der Liebe in der Weltliteratur bezeichnet und erzählt in einer Liederfolge, wie er und ein einsames Bergmädchen einander kennen und lieben lernen. Man mag sich fragen, ob diese Geschichte wahr ist, vor allem, weil selbst die Gespräche gesungen sind.

Etwas Ähnliches erfuhr jedoch ein junger Mann, der vor ein paar Jahren in ein asiatisches Dschungeldorf zog und sich mit den Einwohnern anfreundete. Einer von ihnen, der ihm wie ein Vater wurde, erklärte ihm einmal, dass sie in seinem Volk einen besonderen Liederstil besitzen, mit dem sie ihre Gedanken und Gespräche aus dem Stegreif singen.

„Unsere jungen Leute singen besonders gerne auf diese Art – und am liebsten über die Liebe“, erzählte er lächelnd. „Wenn zum Beispiel ein Jüngling ein Mädchen gern hat, singt er ihr einige liebe Worte zu. Wenn sie ihn nett findet, kommt sie zu ihm und antwortet ihm singend. Dann singen sie abwechselnd wie in einem verliebten Gespräch. Daraus mag eine Freundschaft entstehen, die schließlich zu einer Heirat führt. Aber auch Ehepaare singen füreinander. Einmal verbrannte sich eine Frau aus Versehen beim Kochen den Finger. Da sang ihr Mann voller Mitleid für sie, dass er leider nicht da sein konnte, um ihr zu helfen, weil er auf dem Feld arbeiten musste. Am Schluss lachte seine Frau schon wieder. Und genau das ist unsere Art von Lieder.“

Es gibt sie also heute noch – Lieder, wie sie im Hohelied niedergeschrieben sind. Solche Ähnlichkeiten finden sich auch in anderen Teilen der Welt, wie etwa im Vorderen Orient auf Hochzeiten, oder bei den Nomadenvölkern Südafrikas, die Geschichten auf singende Weise verbreiten, oder bei den Jünglingen und jungen Mädchen in den Atlasbergen, die während der Arbeit spontan Wechselgesänge beginnen. Eine einleuchtende Erklärung für diese Gemeinsamkeiten mit dem Hohelied wäre, dass diese Lieder-Stile einen gemeinsamen Ursprung besitzen. Lassen sich diese Art von Liedern vielleicht bis in den Garten Eden zurückverfolgen? Im Licht der Geschichten- und Liebeslieder heutiger Völker könnten wir uns zumindest gut vorstellen, dass Salomo sein Lied nicht nur dichtete, sondern es mit seinem Bergmädchen erlebte. Sie sangen möglicherweise auf den Bergweiden und in den Palastgärten genauso füreinander wie die Jugend der Asiaten ... oder wie es vielleicht auch die ersten beiden Menschen im Garten Eden getan haben ... und vielleicht Gott und die Engel mit ihnen?

Einen Gesang aus dieser längst vergangenen Zeit bezeugt uns Gott selbst. Im ältesten erhaltenen Lied der Weltliteratur, dem rund 4000 Jahre alten biblischen Buch Hiob, erklärt Gott, dass alle Engel sangen, als Er die Erde gründete. Und mit den ersten Menschen legte Er den Grundstein für eine Liebe, wie sie im Hohelied beschrieben wird. Es ist ein Lied, das uns auch heute noch viel zu geben vermag. Zudem erzählt es uns gleichnishaft, dass auch Gott seine Menschenkinder in Liebe zu sich ziehen möchte wie ein Bräutigam seine Braut. Und wann immer ein Mensch seine Liebe zu erwidern beginnt und Ihm vertrauensvoll nachfolgt, können wir vielleicht durch die Freudengesänge im Hohelied hören, dass Gott auch heute noch singt ...

denn ’in seiner Liebe jubelt Er über dich’ ...