Im Winter
Winter - Hoffnung
‘Der Gott der Hoffnung erfülle euch in eurem Glauben mit Freude und mit Frieden, sodass ihr durch die Kraft des Heiligen Geistes überreiche Hoffnung habt!’
(s. Römer 15,13)
Die Sonne scheint. Ich setze mich für einen Moment auf das Sofa bei meinem Küchenfenster. Die goldenen Strahlen der Nachmittagssonne wärmen mein Gesicht, während sie draußen eine weiße Welt zum Leuchten bringen. Der Schnee glitzert wie Diamantkristalle. Im Wind schwanken die Zweige der blattlosen Bäume. Trockene Grasstängel ragen vereinzelt wie Filigrane aus dem Schnee. Und die kastanienbraunen Arme der Rosenstöcke tragen noch ein paar zerknitterte Büschel von Blüten, die es nicht geschafft haben, völlig aufzublühen, bevor der Frost sie überraschte. Das Wasser in den schneefreien Mulden ist zu Spiegeln gefroren, glasklare Eiszapfen glänzen im Sonnenlicht, und die Schneedecke, die aus lauter Sternchen besteht, wirkt wie ein reines Gewand. Kein Vogelzwitschern dringt durch das Fenster. Es ist eine stille Welt, wie die Schöpfung ganz am Anfang, als sie noch ohne Leben war. Doch unter dem Schnee liegen bereits die Samen, die sich im Frühling durch die Sonnenwärme zu Blumen entfalten werden. Und an den Zweigen der Rosenstöcke sitzen bereits winzige Knospen, die durch die Strahlen der Frühlingssonne zu Rosen erblühen werden. Das ist Hoffnung.
Ja, wenn ich den Winter mit einem Wort beschreiben müsste, dann ist es ’Hoffnung’. In der Bibel bedeutet dieses Wort jedoch nicht das unsichere Hoffen auf eine Änderung, ohne zu wissen, ob sie eintrifft, sondern sie bedeutet das feste Wissen, dass das existiert, was man jetzt noch nicht sieht. Das ist die Hoffnung, die trägt und die so viele Menschen in der Bibel durch ’hoffnungslose’ Situationen getragen hat. Oft wirkte Gott mächtig, als alle Hoffnung erloschen schien. Und diese Geschichten stehen nicht einfach nur da, um die Seiten der Bibel zu füllen, sondern gerade in unserem Leid und unseren Zweifeln zeigt Gott auf das Leben dieser Menschen und sagt zu uns: ‚Siehst du, was ich tun kann? Und dann denkst du, dass ich mit deinen Schwierigkeiten und deiner Lage nicht fertig werden kann? Ich bin da. Auch wenn ich nicht sofort antworte, wie ich auch den Menschen in der Bibel nicht immer sofort geantwortet habe. Warte es ab und erlebe, wie ich in deinem Leben wirke. Ich lasse dich nicht im Stich. Ich will dir eine Zukunft und Hoffnung schenken. Gib nicht auf. Ich bin mit dir, mein Kind.’
Das sagt Gott zu dir. Und damit werden all diese Geschichten zu einem lebendigen Zeugnis seiner Fürsorge, mit der Er uns umgibt. Ja, Er wirkt genauso in unserem Leben. Wir müssen es nur sehen. Dann werden unsere Erlebnisse mit Ihm und seine kleinen alltäglichen Geschenke zu einem hoffnungsfrohen, festen Wissen, dass alles schon bereit liegt, was uns hilft und uns rettet. Gott will diese Erlebnisse und diese kleinen Geschenke für immer wie ein Siegel in unser Herz eindrücken. Wenn sie uns bewusst werden, dann werden wir Ihm danken – für seine Verbundenheit, die Er uns bewiesen hat, und für seine Freundschaft, mit der Er uns ermutigt.
Vielleicht wollte uns Gott gerade das mit dem Winter sagen: Hoffnung. Jenseits unserer Wahrnehmung liegen die Samen und die Rosenknospen unter dem Sternchen-Schnee. Sie sind da. Denke daran und lebe in der Hoffnung Gottes, die froh macht.
An einem sonnigen Wintermorgen
‘„Herr, öffne mir die Augen, dass ich deine wunderbare Wahrheit erkenne.“ „Ja, ich will dir den Weg zeigen. Ich will dich mit meinen Augen leiten.“’
(s. Psalm 119,18; 32,8)
Der kristallklare Wintermorgen ist in ein blaues Licht getaucht, das mich einhüllt wie die stimmungsvolle Musik, die ich mir anhöre. Während ich meinen Wagen durch die Straßen der Stadt lenke, strahlt vor mir die goldene Morgensonne auf. Sie blendet mich, deshalb klappe ich die Sonnenblende herunter. Im selben Moment ist meine Musikkassette abgelaufen und springt aus dem Radiorekorder. Automatisch setzt das Autoradio ein und der Nachrichtensprecher lenkt mich ab, gerade als ich in eine Kreuzung hineinfahre. Da biegt gleichzeitig aus der Seitenstraße ein Auto in meine Fahrspur ein! Schockiert trete ich auf die Bremse: „Meine Güte, hat dieser Autofahrer mich aber erschreckt! Hat er mich denn nicht gesehen?“ Doch in der nächsten Sekunde schießt mir ein unangenehmer Gedanke durch den Kopf! Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel – und tatsächlich! Neben meiner Straße steht kein karoförmiges Schild, das mir die Vorfahrt geben würde! Prächtig! Das ist das erste Mal, dass ich jemandem die Vorfahrt genommen und beinahe einen Unfall verursacht hätte! Erleichtert bedanke ich mich bei unserem himmlischen Vater für seinen Schutz. Ich fühle mich dennoch recht betreten. Noch dazu, wenn ich mir vergegenwärtige, was ich von dem anderen Fahrer dachte. Vermutlich dachte er dasselbe von mir – in seinem Fall zu Recht. Und das alles passierte nur deshalb, weil ich geblendet war.
„Oh Vater“, stöhne ich, „es stimmt schon: Wenn ich denke, dass mir andere in den Weg geraten, sollte ich sie nicht zu schnell verurteilen. Vielleicht bin ich ja geblendet und merke gar nicht, dass ich diejenige bin, die ihnen in den Weg gerät.“ Mit einem Seufzer fahre ich weiter. „Und weißt Du, Vater, ich bewundere Dich, mit welcher Geduld Du mich immer wieder dasselbe lehrst.“ Mir ist nämlich sehr wohl bewusst, dass ich nicht das erste Mal etwas Verkehrtes über einen anderen gedacht habe. In einem Seminar wurde einmal erzählt, dass wir eine Sache mehrmals sehen oder hören müssen, bis wir uns im richtigen Augenblick auch daran erinnern und es tun. Unser Vater muss uns deshalb immer wieder durch dieselben Erfahrungen führen, bis wir es verstanden haben. Doch Er gibt die Hoffnung nicht auf, und wir brauchen sie auch nicht aufzugeben. Zudem hat Er mich durch dieses Erlebnis von neuem gelehrt, dass die Dinge ganz anders aussehen, wenn ich mich in die Lage der anderen hineinversetze und ihren Hintergrund bedenke. Dadurch bekomme ich viel mehr Verständnis für meinen Mitmenschen.
„Im Grunde genommen trifft das genauso auf Dich zu, nicht wahr, mein Vater? Wenn ich versuche, mit deinen Augen zu sehen, beginne ich auch Dich besser zu verstehen. Ich weiß, Du möchtest mir die Augen für deinen Blickwinkel öffnen, damit ich dein Wort und die Dinge im richtigen Licht sehe – in deinem Licht.“
Somit hat alles eine Bedeutung in seinem besonderen Plan für unser Leben. Wenn wir nach den Bedeutungen fragen, kann Er uns helfen, sie zu erkennen. Nichts ist in Vaters Augen sinnlos. Jede Minute ist wertvoll für Ihn, jede Einzelheit in unserem Leben ist ein ausgewähltes Werkzeug in seinen Händen, mit dem Er uns zu Edelsteinen schleift, um uns in seinem Licht zum Leuchten zu bringen. Und dann werden wir mit seinen Augen sehen ... mit den Augen eines Vaters.
Eine gute Tasse Tee
‘Der Gott, der uns die Verheißung gegeben hat, steht treu dazu.’
(s. Hebräer 10,23)
Heißer Kräutertee duftet in unseren Tassen. Der Tisch ist liebevoll dekoriert und wir sitzen gemütlich beim Frauenfrühstück in unserer Kirchengemeinde zusammen. Wir haben so gut gegessen. Das meiste wurde von den Mitarbeiterinnen selbst zubereitet: Brötchen mit Sesam, Leinsamen und Kürbiskernen bestreut, verschiedene Aufstriche, hausgemachte Marmelade und Müsli mit Früchten. Selbst die Kräuter für den Tee sind von Hand gesammelt worden. Wie werden wir hier verwöhnt! Und wir genießen die Gemeinschaft mit den Gesprächen und mit den Liedern und Gebeten.
Und dann wird es erwartungsvoll still, denn nun ist der Vortrag an der Reihe. Das Thema, das ich vorbereitet habe, handelt davon, dass es oft gar nicht so leicht ist, den Alltag mit Freundlichkeit und Weisheit zu bewältigen. Viele Gefühle sitzen tief im Herzen und unsere Charaktereigenschaften melden sich auch zu Wort ... manchmal recht ungewollt. Was kann da helfen? Oder besser gesagt: Wer kann da helfen? Alle sind sich einig, dass Gott es kann. Doch wie kann Er uns helfen? Dafür öffnen wir zusammen die Bibel und lesen es nach.
‘Wenn es jemandem an Weisheit mangelt, der bitte Gott, der allen willig gibt, dann wird sie ihm gegeben werden.’¹ – ‘In Gott haben wir die Vergebung.’² – ‘Zieht herzliches Erbarmen an, und Güte, Demut, Sanftmut und Geduld. Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, so wie der Herr auch euch vergeben hat. Und zudem zieht die Liebe an.’³ – ‘Denn der Heilige Geist hat die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen.’4
All diese Verheißungen hat uns Gott geschenkt. Er ist so reich an Liebe und Vergebung, dass Er sie uns auch für andere geben kann, wenn wir es brauchen. Vertrauen wir Gott unser Leben an und wollen Ihm nachfolgen, so liegen seine Verheißungen schon für uns bereit. Wir dürfen sie in Anspruch nehmen und um Weisheit bitten, auch um den Heiligen Geist und um einen Charakter, der Jesus immer ähnlicher wird. Wir können zu jeder Zeit zu Ihm kommen und darum beten, dass Er uns seinen Beistand gibt, und auch Durchhaltevermögen, damit wir in Versuchungen widerstehen können. Das erfordert manchmal unsere ganze Kraft, doch Gott lässt uns nicht im Stich. Er ist treu und hört uns. Vielleicht sehen wir die Antwort auf unsere Gebete nicht gleich, und vielleicht nicht in der Weise, wie wir meinen. Doch Gott weiß, was das Beste für uns ist, und wann es am besten ist.
Man kann es mit dem Kräutertee vergleichen, der in unseren Tassen so aromatisch duftet. Der Tee besitzt Wirkstoffe, die uns gut tun und uns helfen. Sobald wir ihn trinken, haben wir die Wirkstoffe schon in uns und sie kommen zur Entfaltung. Manchmal muss man nur Geduld haben und den Kräutertee mehrmals trinken, bis die Wirkung sichtbar wird. Doch man muss die Wirkstoffe nicht noch zusätzlich einnehmen, sie sind im Tee enthalten. Genauso sind die Gaben des Heiligen Geistes schon in den Verheißungen Gottes enthalten. Wenn wir Gottes Willen tun wollen und vertrauensvoll zu Ihm beten, wird sich die Wirkung schließlich an uns zeigen.
Glauben wir das? Wenn nicht, sieh auf den Frühstückstisch. Wie viel hilft unserem Verständnis doch eine gute Tasse Tee.
¹ s. Jak 1,5 ² s. Kol 1,14 ³ s. Kol 3,12-14 4 s. Röm 5,5
Wärmende Flammen
‘Wenn du durch ein Feuer gehst, wirst du nicht versengt werden, und die Flammen werden dich nicht verbrennen.’
(s. Jesaja 43,2)
Kleine Flammen züngeln an den trockenen Ästchen und Spänen im Ofen, als ich das brennende Streichholz daran halte. Ich beobachte, wie sie auflodern und an den aufgeschichteten Holzscheiten lecken. Das Feuer beginnt zu knistern, Rauchfahnen steigen in den Kaminabzug hinauf. Bald wird das ganze Holz brennen. Unwillkürlich denke ich daran, dass Jakobus einmal in einem Brief geschrieben hat: ‘Welch ein kleines Glied ist die Zunge, aber welch ein großes Feuer zündet sie an.’¹
„Ja, das ist wahr“, bestätige ich. Dieses Feuer bekommt man auch dann zu spüren, wenn man durch die Meinung, die andere über einen haben, verletzt wird. Wer hat das nicht auch schon erlebt? Seufzend erzähle ich meinem himmlischen Vater von einem solchen Erlebnis. Doch da ist es mir, als würde Er antworten: ‚Warum machst du es von der Meinung anderer Leute abhängig, wie du dich fühlst?’ Diese Antwort verblüfft mich ein wenig. Aber es stimmt! Warum mache ich mich und meine Gefühle davon abhängig, wie andere über mich denken? Ich muss es nicht zulassen, dass ihr Urteil mir den Tag verdirbt. Es ist viel wichtiger, was mein himmlischer Vater über mich denkt. Seine Meinung ist die einzig wichtige und die einzig richtige. Ich darf wissen, Gott hat mich gern, und Er weiß, dass das nicht stimmt, was andere über mich urteilen. Er kennt mich in- und auswendig. Er will mein Herz schützen. Deshalb spricht es mir aus dem Herzen, was König David in einem Psalm geschrieben hat:
‘Schütze mich, Gott, denn ich fliehe zu Dir!
Du bist mein Herr, mein Freude finde ich bei Dir allein.
Ich lobe den Herrn, der mir seinen Rat gibt.
Ich darf wissen, dass der Herr immer bei mir ist.
Ich will nicht den Mut verlieren, denn Er steht mir zur Seite.
Deshalb ist mein Herz mit Freude erfüllt und meine Lippen loben Ihn.
Weil Du da bist, bin ich froh.
Von deinen Händen erhalte ich ewige Freude und Segen.’²
Auch ich bin froh darüber, dass Er bei mir ist. Und das Feuer im Ofen wird für mich nun zu einem guten Sinnbild dafür, dass es mich an diesem kalten Wintertag wärmt, so wie Gottes Zuneigung mich wärmt. David hat uns in seinem Psalm geschrieben, dass wir uns immer zu Gott flüchten können. Und das ist wahr. Anstatt darauf zu hören, was andere über uns sagen, dürfen wir auf das hören, was Gott uns sagt. Denn dein Vater im Himmel hat dich gern. Seine Meinung über dich zählt. Er kennt dein Innerstes, deine Gefühle, deine Gedanken, Er kennt die Wahrheit über dich. Du bist sein Kind, das Ihm teuer ist, das ist wichtig. Wenn wir das wissen, werden wir froh, und seine Flamme der Liebe wärmt uns.
¹ s. Jak 3,5 ² s. Ps 16,1-2.7-9.11
Wahre Freiheit
‘Ihr seid zur Freiheit berufen. Ihr habt sie jedoch nicht, um euren Neigungen freien Lauf zu lassen, sondern um dafür befreit zu sein, einander in Liebe zu dienen.
Wenn der Sohn euch frei macht, werdet ihr richtig frei sein.
So hat uns Christus wirklich befreit.’
(s. Galater 5,13.1; Johannes 8,36)
Nach dem Gottesdienst wurde ich von einer Gruppe amerikanischer Gäste zum Mittagessen eingeladen. Nach dem Essen sitzen wir noch zusammen und unterhalten uns. In den Gesprächen kommen die Gäste schließlich auf das Thema ‘Deutsche Ordentlichkeit’ – da wir hier sorgfältig unseren ganzen Abfall trennen in Papier, Metall, Plastik, weißes Glas, braunes Glas, grünes Glas und so weiter. Sie erzählen auch von einigen anderen ordentlichen Gewohnheiten, die sie beobachtet haben. Wie wir die Umwelt sauber halten, zum Beispiel. Und wir tun das alles sogar völlig freiwillig – selbst dann, wenn gar kein Polizist um die Ecke schaut! Wir lachen alle über diese Bemerkung. Doch es macht mich auch nachdenklich. Gerade das bedeutet ja wahre Freiheit: Wenn wir Menschen das Richtige tun, weil es richtig ist, und nicht nur deshalb, weil ein Polizist – oder Gott – um die Ecke schaut.
Ich frage einen der Gäste, der schon seit Jahren hier lebt, warum er so lange wie möglich bleiben möchte. „It’s save – es ist sicher“, antwortet er. „Man kann seine Kinder draußen spielen lassen, ohne Angst zu haben, dass sie entführt werden.“ Ein anderer sagt dasselbe: „Mitteleuropa ist wirklich gut in Punkto Sicherheit. Man kann sich sicher fühlen. Man kann spazieren gehen, wo immer man will. Man kann sich völlig frei und ohne Angst bewegen.“ Sie alle erklären mir, wie sehr sie das schätzen und dass sie Achtung vor uns und unserem Land haben.
Und ja, es stimmt, man ist frei, wenn man sich sicher fühlen kann und keine Angst zu haben braucht. Aber seit der Mensch in Sünde gefallen ist, konnte ihm oft nicht mehr die ganze Freiheit anvertraut werden, weil er darunter versteht: ‘Tu, was du willst.’ Das ist der Grund, warum die Gesetze in der Bibel gegeben werden mussten. Wenn wir Menschen gar nicht auf die Idee kämen zu stehlen, bräuchten wir auch nicht das Gesetz “Du sollst nicht stehlen“. Solch ein Gesetz braucht nur einer, der stehlen will. Wahre Freiheit bedeutet deshalb, dass man gar keinen inneren Drang verspürt, etwas zu tun, was einem selbst oder anderen schadet. Jesus befreit uns nicht nur von Ängsten, Sünde und Schuld, Er möchte auch, dass wir frei werden von negativen Neigungen, Gefühlen, Gewohnheiten und Süchten, von Zorn, Neid und solchen Eigenschaften. Gott hilft uns, zu überwinden und liebevolle Menschen zu werden, sodass wir frei sind, auch dann noch zu vergeben, wenn wir verletzt wurden. Er kann uns helfen, dass wir nicht verurteilen, sondern weit mehr die Rettung der anderen wollen, damit sie einmal mit uns im Himmel sind.
Es ist Gottes Wunsch, so viele wie möglich zu retten. Und Er will uns innere Freiheit schenken. Wenn wir Menschen beginnen, das Richtige zu tun, weil es das Richtige ist, dann können wir wieder einander vorbehaltlos vertrauen. Dann sind wir frei und können ohne Angst leben. Wenn Jesus uns innerlich dazu frei macht, sind wir wirklich frei. Und wir dürfen befreit aufatmen ... in der wahren Freiheit seiner Liebe.
Eisige Wasserleitungen
‘Ein Psalm-Lied für den Sabbat-Ruhetag.
Es ist gut, den Herrn zu loben, und deinen Namen, Du Höchster, zu besingen, am Morgen deine gnadenvolle Güte zu verkünden, und auch deine Treue. Denn Du hast mich durch dein Tun erfreut. Über die Werke deiner Hände juble ich.’
(s. Psalm 92,1-3.5)
Ist das wieder ein furchtbar kalter Winter! In einem älteren Haus bekommt man das sehr zu spüren. Doch heute wird Gottesdienst sein, es ist der Ruhetag Gottes, und diese Freude lasse ich mir nicht verderben. Also heize ich erst einmal den Holzofen ein, damit meine Stube schön warm wird, und frühstücke dann gemütlich. Anschließend gehe ich ins Badezimmer, das leider unbeheizt ist. Und welche ‘nette’ Überraschung erwartet mich da? Die Wasserleitungen sind zugefroren! Der Winter lässt grüßen! War ich bisher noch morgenmüde und entsprechend langsam, so bin ich jetzt auf einen Schlag hellwach und entwickle ein ungeahntes Tempo. Ich springe in den Nebenraum, nehme den elektrischen Heizlüfter und stelle ihn im Treppenhaus auf, denn dort verlaufen die Rohre durch die Wände. Das Letzte, das ich brauchen kann, ist ein Wasserrohrbruch! Für das Badezimmer hole ich eilig meinen uralten Reserve-Heizlüfter, den ich seit Jahren nicht mehr gebraucht habe. Ich drücke im Bad den Stecker in die Steckdose, drehe den Schalter um ... und erhalte die nächste Überraschung! Der Heizlüfter beginnt zu brennen! Gelbe Flammen schlagen durch das Gitter, hinter dem sich die Heizspiralen befinden. Schnell ziehe ich den Stecker heraus und blase, so viel meine Lungen hergeben, um die Flammen zu bekämpfen ... und ich gewinne! Als erster Preis füllt schwarzer Rauch mein Badezimmer. Großartig! Und ich kann das Fenster nicht öffnen, da würde es ja noch kälter werden. Ich brauche Wärme, aber nicht noch ein paar extra Minusgrade.
Also gut. Ich bete: „Vater, ich möchte gerne mit den anderen zusammen deinen Gottesdienst feiern. Und wenn Du das so sehr wie ich möchtest, dann bleiben nur noch 15 Minuten, in denen Du mir helfen und die Leitungen auftauen kannst. Sonst muss ich hier bleiben. Danke, dass Du nach deinem Willen tust, was das Beste ist.“
Natürlich würde ich mich freuen, wenn ich gehen kann, aber mir ist klar, dass Gott dafür wirklich ein Wunder vollbringen muss ... Und Er tut es tatsächlich! Das Wasser fängt schon nach fünf Minuten wieder an, aus dem Wasserhahn zu rinnen. Welch ein schöner Klang! Fast wie Musik. Hat jemand schon einmal gehört, wie schön plätscherndes Wasser klingen kann? Ich bin Gott so dankbar. Fast wie auf Wolken schwebe ich durch den frostigen Morgen zum Wagen und fahre zum Gottesdienst. Und meine Loblieder klingen mindestens so schön, wie es das plätschernde Wasser getan hatte.
Wir haben einen guten Vater im Himmel, der sich auch um die ‘kleinen’ Sorgen unseres Alltags kümmert. Wir dürfen im Gebet alles zu Ihm bringen, restlos alles. Es interessiert Ihn, was uns bewegt ... und es interessiert Ihn, wenn wir mit Menschen zusammenkommen und Gottesdienst feiern, um bei Ihm neue Kraft zu schöpfen und zur Ruhe zu kommen. Es ist diese Zeit in der Woche, die wir Gott völlig schenken können und die Er uns geschenkt hat. Eine Erinnerung von Ewigkeit zu Ewigkeit, dass Er unser Schöpfervater ist und dass Er mit uns den Bund geschlossen hat, uns immer treu zu sein. Welch ein Vater!
Ein Kinderlächeln
‘Seht nur, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat,
denn wir sollen Kinder Gottes genannt werden! Und wir sind es auch!’
(s. 1. Johannes 3,1)
Vor einigen Monaten wurde das erste Enkelchen einer Bekannten geboren. Sie hat mich zum Essen eingeladen, und die Tochter einschließlich Enkel ist auch gekommen. So sehe ich den Kleinen nun auch das erste Mal. Und da ich schon gegessen habe und die Tochter nicht, biete ich ihr an, den Kleinen zu halten, damit sie in Ruhe ihre Mahlzeit genießen kann. Sie nimmt mein Angebot dankbar an, geht um den Tisch und ich bekomme von ihr das kleine Bündel überreicht. Es ist schon ein besonderes Gefühl, das Baby auf den Armen zu halten. Ich staune immer wieder über das, was Gott vollbringt. Als der Kleine die Hand hebt, nehme ich sie in meine. Allein die Berührung dieser zierlichen Hand berührt mich auch tief in meinem Innern. Welch ein Wunder sind diese kleinen Fingerchen, die sich um meinen Finger legen – diese winzigen Fingernägel! Alles ist vollkommen – seine Augen, die mich groß ansehen, die Stupsnase, der Mund, diese kleinen Lippen, die schon so vollendet geformt sind ...
Er quietscht leise. Ich nicke ihm zu: „Na du? Du sagst ja auch schon etwas. Hübsch bist du.“ Und als ich ihm über die runde Babywange streiche, da lächeln diese kleinen Lippen. Ich bin hingerissen und streichle von neuem über das weiche Babygesichtchen, um noch einmal dieses süße Lächeln zu bekommen. Er tut mir den Gefallen. Und ich lache ihn an.
Was tut man nicht alles, um so ein Lächeln von einem kleinen Kind zu bekommen. Schon bei den Kindern meiner Freundinnen machte es mir Freude, mit ihnen zu spielen, sie zum Lächeln oder gar zum Lachen zu bringen. Inzwischen sind sie groß geworden, und einige meiner Freundinnen wurden schon Oma. Sie erzählen mir immer wieder, was der eine oder andere Enkel Neues kann oder welchen ulkigen Ausspruch er zum Besten gegeben hat. Und ich weiß, wie aufopfernd sie sich um ihre Enkelchen kümmern und wie sehr sie mitleiden, wenn einem von ihnen etwas passiert, wenn einer hinfällt oder krank ist. Ja, meine Freundinnen sind sehr fürsorgliche und liebevolle Omas.
Und wenn ich hier so sitze und mich um ein Lächeln des kleinen Kindes in meinem Arm bemühe, dann muss ich daran denken, wie sehr sich erst unser himmlischer Vater um uns bemüht. Wir sind für Ihn seine Kinder, seine Töchter und Söhne. Er ist so aufopfernd, dass es unsere Vorstellung noch übertrifft. Er sehnt sich nach uns und wartet darauf, uns einmal in die Arme nehmen zu können. Jeden Tag ist Er für uns da und wacht in der Nacht über uns. Er sorgt sich um uns wie kein anderer. Er freut sich, wenn wir wieder etwas Wichtiges gelernt haben. Und noch mehr, wenn wir uns Ihm zuwenden und seine Hand nehmen, die Er uns hinhält, damit Er uns auf unserem Lebensweg führen kann. Er will uns nie allein lassen, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Und Er leidet mit uns, wenn wir uns verletzen, krank sind oder traurig. Er will uns trösten, aufrichten und stützen. Und Er freut sich mit uns, wenn wir uns freuen. Ja, Er will uns Freude schenken, bemüht sich um ein Lächeln von uns, wie ich mich um ein Kinderlächeln des kleinen Enkels bemühe. Er ist unser fürsorglicher Vater, bei Ihm sind wir geborgen. Bei Ihm dürfen wir zuhause sein und wissen: Ja, ich bin sein Kind.
Und ich höre seine Stimme im Glockenklang
Dann wird auf den Schellen stehen: ’Dem Herrn zugehörig’.’
(s. Sacharja 14,20)
Der Winterregen hat aufgehört. Als ich das schlafende Dorf verlasse, nieselt es nicht einmal mehr. Nur noch ein paar Wolkenschleier ziehen eilig über den Nachthimmel. Mitten unter ihnen schimmert der Mond und taucht das Land mit den Wiesen und Wäldern in sein geheimnisvolles Licht. Die Regenpfützen fangen die Mondstrahlen ein und reflektieren sie, sodass sie wie Silberspiegel auf dem Weg glänzen. Als ich am Waldrand ankomme, bleibe ich kurz stehen. Dort zwischen den Bäumen saß ich vor Jahren in der Dämmerung, als mein Leben gar nicht einfach war. Ich setze mich auch jetzt wieder an diesen Platz. Die Föhrenzweige über mir wirken wie dunkelgraue Flaum-Wolken am Himmel und ich kann von hier aus noch immer den Mond sehen. Entspannt lausche ich der Nacht. Wassertropfen fallen von den Bäumen, die Luft duftet frisch und feucht, vermischt mit dem würzigen Aroma von nassem Moos und Erde. In der Stille höre ich im Wald einen Bach gluckern und murmeln ... und ich weiß, dass ich hier nicht alleine bin. Ja, ich bin niemals allein. Auch damals, als ich hier saß, war unser himmlischer Vater bei mir. Denn so treu und unveränderlich wie der Silbermond dort oben seine Bahn wandert, so beständig und verlässlich ist unser Vater mit seinem Bund, den Er mit uns Menschen geschlossen hat.
Ein sanfter Wind wispert in den Zweigen. Er trägt den Glockenklang zu mir in den Wald, als im Dorf die Kirchturmuhr schlägt.
Das erinnert mich an uralte biblische Zeiten: Damals hingen goldene Glöckchen am Gewandsaum des höchsten Priesters. Deshalb konnten die Menschen im Tempelhof den Priester hören, während er im Tempel Gottes für sie diente. Genauso können auch wir Jesus, unseren Hohepriester, in seinem ’Himmels-Tempel’ hören. Denn Er spricht durch die Worte der Bibel und durch den Heiligen Geist zu uns und gibt uns die Gewissheit, dass Er immer für uns da ist.
In meine Gedanken hinein beginnen auf einmal alle Kirchturmglocken zu läuten. Obwohl mein Dorf weit zurückliegt, hallt das Echo melodisch durch den Wald. Das mächtige Läuten scheint nahezu greifbar zwischen den Bäumen hindurchzufließen. Ich kann die Kirchenglocken zwar nicht sehen – so wie ich Jesus jetzt noch nicht sehe – doch wer wollte bezweifeln, dass die Glocken da sind? Ihr Klang erreicht mich selbst hier in der Dunkelheit. „Vater, genauso bist Du immer bei uns. Wie könnte ich je aufwiegen, was Du für mich tust? Du trägst uns Menschen – auch durch die Nächte unseres Lebens. Deine Worte sind uns nah. Und so komme ich nun in Dankbarkeit zu Dir.“
Die Glocken schicken ein letztes Echo durch den Wald und verhallen. Es kehrt wieder Ruhe ein. Allein der Wind flüstert in den Bäumen und streicht mir über die Wangen. „Vater, ich hab Dich lieb.“ Im Wispern des Windes meine ich fast, die Stimme unseres Vaters zu hören: ‚Ich liebe dich auch.’
Mit einem Lächeln blicke ich zum Himmel hinauf. Der Mond schimmert noch immer zwischen den Schleierwolken – Er ist treu. Und ich spüre eine Ruhe in mir, die nur Gott schenken kann. Nach einer Weile stehe ich auf. Während ich durch die Stille der Nacht nach Hause gehe, höre ich seine Stimme im Glockenklang tief in mir nachklingen, wie Er zu mir und zu dir spricht:
‚Ich liebe dich auch, mein Kind.’
© 2010, Jaimée M. Seis / © 2013, Top Life Center
Die Texte sind auch in dem Buch ‘Alle Tage vom Himmel umarmt‘ enthalten.